Archiv der Kategorie: Leaking

Wikileaks-Enthüllungen in arabischen Ländern gemappt

Die libanesische Tageszeitung Al-Akhbar aktualisiert auf einer interaktiven Karte, welche US-Depeschen sich auf welche Orte beziehen. Ein Klick führt zu den ins Arabisch übersetzten Depeschen.

Eine Einschätzung zu Al-Akhbar liefert Lea Müller-Funk im Alsharq-Blog. Sie meint, dass es die Veröffentlichungen von Al-Akhbar waren, die laut Assange den Zündstoff für die tunesische Revolution geliefert haben. Es wurde auch schon beobachtet, dass Al-Akhbar wohl exklusiven Zugriff auf das Konvolut haben muss, da es im Dezember 2010 183 Depeschen veröffentlichte, die nicht von den „Big Five“ zuerst bearbeitet und auf der Wikileaks-Website veröffentlicht worden waren.

Neben den ursprünglichen fünf Redaktionen, – dem Guardian, Le Monde, El Pais, Guardian und New York Times – haben neben Al-Akhbar inzwischen die norwegische Tageszeitung Aftenposten, die deutsche Tageszeitung Die Welt, die indische Tageszeitung The Hindu auch die israelischen Tageszeitungen Jediot Ahronot und Haaretz Zugriff auf das Konvulut.

 

Presserat: „Wikileaks ist kein journalistisch-tätiger Akteur“

Der Presserat hat mir per Post nochmal eine ausführliche, 2,5-seitige Begründung zur Ablehnung meiner Beschwerde wegen mutmaßlich exklusiver Berichterstattung zu Wikileaks zukommen lassen. Interessant dürften vor allem die folgenden vier Punkte sein:

1. Die Beschwerdegegner, das heißt die Rechtsabteilung des Spiegels, verweist etwas süffisant auf die Veröffentlichung von Stark und Rosenbach zu Wikileaks hin, die meine „Mutmaßungen und Schlussfolgerungen“ als „nicht notwendig“ erscheinen lassen. Darin beschrieben die Redakteure, dass u.a. der Chefredakteur des Spiegels darauf gedrängt hatte, die New York Times nicht auszuschließen. Dazu ist anzumerken, dass zum Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde das Buch noch nicht veröffentlicht war.

2. Ich wies in der Beschwerde ausdrücklich auf den deutschsprachigen Raum hin, in dem zu dem Zeitpunkt der Beschwerde Exklusivität gegeben war. Dazu heißt es in der Stellungnahme der Spiegel-Rechtsabteilung allgemein, es bestehe“selbstverständlich“ keine „Pflicht“ die Informationen eigenen Wettbewerbern zu überlassen. Es wird darauf hingewiesen, dass „der Arbeits- und Personalaufwand zur sorgfältigen Aufbereitung der Unterlagen“ (…) nur von einer begenzten Anzahl von Presseunternehmen seriös geleistet werden könne“.

3.  Der Presserat weist darauf hin, dass sich Nutzer auch bei anderen Medien sowie bei Wikileaks über die Depeschen informieren können – diskutiert aber nicht die Problematik der schleppenden Veröffentlichungen. Auch die Rechtsabteilung des Spiegels geht nicht weiter darauf ein, wie weiterhin mit dem Depeschenvorrat umzugehen ist, damit die Aufarbeitung in einem schnelleren Tempo erfolgen kann – etwa in Form von Kooperationen mit weiteren Medienpartnern. Genau dies hatte ich aber problematisiert, da genau darin die besondere Qualität des Falls besteht.

4. Nach Ansicht des Presserats „unterliegen die Verantwortlichen der Plattform Wikileaks nicht den berufsethischen Regeln des Pressekodex. Aus Sicht des Presserats handelt es sich bei ihnen nicht um journalistisch-redaktionell tätige Akteure„. Von daher hätte also auch Wikileaks gar nicht gegen den Pressekodex verstoßen können.

Insbesondere letztere Bemerkung ist interessant. Sie sollte noch in Hinblick auf den Schutz von Informanten, die Plattformen wie Wikileaks nutzen, diskutiert werden. Informantenschutz können nämlich nur Journalisten gewähren – doch wann sind Journalisten überhaupt Journalisten? Wikileaks hat ja durchaus einige Beiträge editiert und kommentiert – und war insofern redaktionell tätig. Ich finde es daher erstaunlich, dass die Beschwerde „einstimmig“ abgelehnt wurde. Etwas Diskussionsstoff hätte es ja durchaus gegeben.

Presserat lehnt Wikileaks-Beschwerde ab

Der Presserat lehnte heute in nicht-öffentlicher Sitzung die Beschwerde gegen den Spiegel ab. In seiner Pressemitteilung, die ich heute per E-Mail erhielt, heißt es dazu:

Eine Journalistin hatte sich beim Deutschen Presserat über die exklusive Berichterstattung des Spiegel über tausende von Wikileaks recherchierte Dokumente beschwert. Der Spiegel, die New York Times, der Guardian, El Pais und Le Monde hatten diese Dokumente des amerikanischen Außenministeriums exklusiv von Wikileaks erhalten. Die Journalistin monierte, dass der Spiegel einen exklusiven Zugang zu den Dokumenten hatte und dadurch eine Monopolstellung einnehme. Andere Journalisten hätten mangels Zugang zu den Unterlagen nicht berichten können. Das Magazin entgegnete mit dem Hinweis darauf, es weder zur Bedingung für eine Zusammenarbeit mit Wikileaks gemacht, noch darauf gedrängt zu haben, dass andere Medien vom Zugang zu den Unterlagen ferngehalten werden sollten.

Der Beschwerdeausschuss hat die Beschwerde heute als unbegründet zurückgewiesen. In Ziffer 1 Richtlinie 1.1 des Pressekodex heißt es:

Richtlinie 1.1 – Exklusivverträge
Die Unterrichtung der Öffentlichkeit über Vorgänge oder Ereignisse, die für die Meinungs- und Willensbildung wesentlich sind, darf nicht durch Exklusivverträge mit den Informanten oder durch deren Abschirmung eingeschränkt oder verhindert werden. Wer ein Informationsmonopol anstrebt, schließt die übrige Presse von der Beschaffung von Nachrichten dieser Bedeutung aus und behindert damit die Informationsfreiheit.

Der Presserat macht deutlich, dass der Spiegel nicht gegen diese Richtlinie verstoßen hat, da das Angebot, Unterlagen exklusiv zu erhalten, von Wikileaks kam. Der Kodex kann einem Informanten – hier Wikileaks – nicht vorschreiben, dass er sich mit seinem Material an mehrere Redaktionen wenden muss. Dass der Spiegel dieses Angebot – wie auch die anderen Zeitungen im Ausland – angenommen hat, kann man der Zeitschrift nicht vorwerfen. Jede Redaktion, die exklusive Informationen erhalten kann, wird diese auch nutzen, um eine Exklusiv-Geschichte zu veröffentlichen. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass nicht die Redaktion diejenige ist, die einem Informanten die Infos als Exklusivmeldung abkauft und damit ein Informationsmonopol anstrebt.

Tim Berners-Lee kritisiert Vorgehensweise von Wikileaks


Tim Berners-Lee äußerte sich am 14. Dezember über Wikileaks und Open Government auf der ICTD 2010 in London. Dabei verurteilt er die Vorgehensweise von Wikileaks bzw. Whistleblowern als „Diebstahl“ und „Bruch der Vertraulichkeit“. Insbesondere thematisiert er die Zweischneidigkeit der Anonymität, die zum einen Oppositionelle vor Verfolgung schütze, andererseits aber auch zu Verleumdungen führen kann.