Archiv der Kategorie: Leaking

Surveillance Studies Preis für „Datenschutz im Auto“-Geschichte

Schon seit etwa einem Jahrzehnt verwandeln sich Autos in rollende Computer. Mit neuen Zusatzdiensten lockt jetzt das „Connected Car“. Im „Internet der Dinge“ wird das Auto zum rollenden Smartphone, das seinerseits als perfektes Überwachungsinstrument gelten darf. Datenschutzfragen werden von der Industrie aber nicht unbedingt mit dem Ehrgeiz von „Best Practice“ verfolgt. Dabei sehen wir jetzt erst den Aufschlag – was der „Aftermarket“ noch mit den Daten machen wird, das lässt sich erst erahnen.

Im letzten Jahr habe ich daher mehrere Wochen damit verbracht herauszufinden, was eigentlich mit den vielen verschiedenen Daten geschieht, die im Premium-Auto heute generiert werden. Die Ergebnisse sind noch immer aktuell, weil die Datenschutz-Aufsichtsbehörden eben erst dabei sind herauszufinden, was die Hersteller im Detail machen.

Die Jury des Surveillance Studies Preises 2015 entschied sich jetzt für einen Extra-Preis für meinen in der c’t  (19/2014) erschienen 4-Seiter „Schädliche Daten-Emissionen: Wem Ihr Auto was über Sie verrät“ und schrieb: „Die Jury würdigt damit unter anderem ihre kontinuierliche Arbeit insbesondere zu Kontrolle und Technologie auf einem beständig hohen Niveau.“ 

Jury-Mitglied Nils Zurawski zur Begründung:
„Der Preis war eigentlich gar nicht vorgesehen, aber Sie standen auf der Shortlist und in der Diskussion haben wir uns dafür entschieden auch Ihnen einen Preis zu geben – da die Entscheidung sehr knapp war.
Die Gründe in Kürze: Der Artikel selbst war top recherchiert und das beste, was ich nicht-wissenschaftlich zu dem Thema gelesen habe. Harte Fakten, gut verpackt, hohes Niveau.
Wir wollen mit dem Preis Sie und vor allem Ihre Arbeit zu Technologie, aber eben auch immer wieder Kontrolle und Überwachung würdigen, die Sie seit Jahren machen. Deshalb eine besondere Würdigung für Sie.“

Der betreuende Redakteur Axel Kossel erzählte übrigens im c’t uplink Video, worum es geht – und erzeugte damit bei seinen Kollegen einiges Gruseln.

Leaking als Mittel der Manipulation

Willi Winkler schreibt in der SZ auf einem Seite-2-Beitrag über Leaking als Mittel, die öffentliche Meinung wirksam zu verändern. Dafür führt er zahlreiche Beispiele  für „Kompromate“ aus mutmaßlichen Geheimdienst-Quellen auf, die in jüngster Zeit über Youtube einen spürbaren Einfluss auf die politische Öffentlichkeit nehmen konnten.

Dabei scheinen die Leaker auf Quellen zugreifen zu können, die auf staatliche Überwachungstechnik Zugang haben.  In der Tat eine interessante Fusion von „Social Media“ und „Government Surveillance“. Wobei Winkler in diesen Fällen gar nicht so genau wissen will, woher die Kompromate kommen und wie sie zu Stande gekommen sind. Auch die Authentizität wird nicht angezweifelt, so schreibt er: „Manchmal – siehe Recep Erdoğan und erst recht Julia Timoschenko – trifft es auch die Richtigen.“

Byung-Chul Han über die Gewalt der Transparenz

Zum Thema „Against Transparency“ hat das SZ-Magazin diese Woche ein lesenswertes Interview mit Byung-Chul Han von der UdK in Berlin veröffentlicht, der vor einigen Monaten über die „Transparenzgesellschaft“ ein Buch veröffentlicht hat. Han geht der Frage nach, wie Gewalt sich in der Transparenzfrage zeigt. Er glaubt,

„dass der Transparenzwahn die Demokratie nicht fördert, sondern gefährdet, und dass uns Werte wie Vertrauen und Respekt verloren gegangen sind.“

Politik ohne Geheimnis sei nicht möglich, Macht zeige sich auch dadurch, dass die Öffentlichkeit nicht alles erfahren darf. Wobei er auch die Frage ins Spiel bringt, inwieweit sich etwa die Piraten durch zuviel Information selbst blockieren. Er stellt fest:

„Für politisches Handeln ist eine gewisse Informationsmacht notwendig, eine Souveränität über die Produktion und Verteilung von Information. Es gehört auch zur Politik, dass bestimmte Informationen zurückgehalten werden müssen.“

Letztlich bewege man sich von einer Gesellschaft des Vertrauens weg, „weil Transparenz immer noch mehr Transparenz und Kontrolle notwendig macht“ und letztlich nur in einer Diktatur total durchsetzbar sei. Was ihn zu dem Schluss führt: „In der Demokratie gibt es Räume, die man nicht durchleuchten darf.“

Assange-Biografie erscheint

Gegen den Willen von Julian Assange veröffentlicht der schottische Verlag Canongate dessen 244 Seiten lange Autobiografie, berichtet die britische Tageszeitung Independent. Sie befasst sich mit Assanges Kindheit, Jugend und der Entstehung von Wikileaks sowie den Vorgängen in Schweden. Dort wurde gegen ihn der Vorwurf der sexuellen Nötigung erhoben, was zu einem immer noch schwebenden Auslieferungsverfahren zwischen Großbritannien und Schweden führte.

mehr dazu in meinem Beitrag für die Stuttgarter Zeitung

Unsichere Whistleblower-Systeme

Globaleaks behauptet nach einer Analyse diverser Systeme in seinem LeakDirectory, die bisherigen Whistleblower-Systeme seien nicht sicher: „The existing software lacked basic privacy-aware (anonymity) and security features (encryption)“ (Slide 6/45). Ich frage mich, wie man zu dieser Aussage kommen kann, wenn man in die System meist nicht reinsehen kann. Vermutlich basiert sie auf der Selbstauskunft der Betreiber, die aber etwaige Features schon selbst erwähnen würden.

Cryptome-Betreiber John Young, der sich schon immer zu gesunder Paranoia bekannte, geht hier natürlich etwas grundsätzlicher vor. In einem Twitlonger-Post stellte er gestern jegliche Sicherheit in Abrede:

The petit furor with Wikileaks, OpenLeaks, Anonymous
and newsy ilk portends a grand furor building toward disclosing something wonderful, I hope, about the cost of excessive secrecy and security obscurity, no matter who lurks beneath the cloak. Wikileaks and emulators are the least problematic compared to the Titanic-grade protectors of the commonweal[th] who are being outmatched by icebergs much more threatening than security-truth-disclosure sites.